Während der Corona-Pandemie leidet die Bildung und die Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes, finanziell unabhängiges Leben in besonderem Maße. Digitale Zerstreuung ist leider bequemer als Weiterentwicklung.
Wir haben uns dazu entschlossen, vorschnell keine Gaming-Rechner zu verkaufen, sofern diese Rechner dann
- von Kindern bzw. Jugendlichen oder
- von jungen Menschen, die noch nicht in einer gefestigen Aus-/Weiterbildung bzw. im Studium stehen
genutzt werden. Zumindest tun wir das nicht, solange wir nicht 120%ig sicher sind, dass zuhause eine unbequeme Debatte zum Thema geführt wurde.
Einige Inputs hierzu:
(erstveröffentlicht am 20.10.2020)
Erst mal vorab: Es steht jedem Elternhaushalt frei, sich bzw. seinen Kinden einen Gaming-PC oder Gaming-Notebook zu genehmigen. Wir möchten das pauschal Niemandem ausreden; jedoch müssen wir – aufgrund vieler Beobachtungen – dazu auffordern, sich zuvor intensiv mit dem Thema beschäftigen, anstatt nach dem Motto „ich kauf jetzt einen, dann hört die nörgelnde Fragerei auf und ich habe wieder Zeit für den Bachelor auf dem smartTV“ zu handeln. 🙂
Diskussion „Zeitfresser“
Wenn man einen Blick auf die aktuellen Statistiken zum Thema „Bilschirmzeiten bei Jugendlichen“ schaut, wird einem um die Zukunftsfähigkeit des Landes Angst und Bange. Alleine schon die Dauerablenkung/Zerstreuung durch WhatsApp, SnapChat, Insta, Gaming-Apps, Facebook, netflix, Youtube, Sky go usw. nehmen dem Gehirn die Fähigkeit, am selben Tag gelerntes Wissen dauerhaft zu verschalten. Bereits vor 15 Jahren beobachteten wir erste Fälle von Computerspielesucht.
Die Folgen: Unsicheres Verhalten in sozialer Interaktion, Erschöpfungszustände und Depressionen unter Jugendlichen nehmen zu. Wir haben nichts gegen ein gepflegtes Spielchen; wir machen das gerne selbst mal, allerdings im Familienkreis Freitags abends gemeinsam mit einem Grafikadventures wie der „Deponia“-Serie oder „Baphomets Fluch“-Serie. Aber die Erfahrung zeigt: Vor allem bei Action- und Team-Online-Spielen entwickelt sich nicht selten das Potential zu suchtähnlichen Zuständen. Nicht jeder Mensch kann den Schalter im Kopf umlegen und das Spiel wieder einige Tage beiseite legen, wenn es mal zuviel wurde. Diese Einschätzung muss jeder Elternteil selbst vornehmen.
Diskussion „Geldfresser“
Eine guter Spiele-PC/Rechner liegt schnell bei 1000-1300 EUR. Hinzu kommen die Kosten für Spiele (30-80 EUR pro Spiel), ggf. Zusatzkosten durch In-Game-Käufe (Ausrüstung, Waffen, Features) und nach 2-3 Jahren ist die Grafikkarte ggf. schon wieder zu schwach für die dann aktuellen Computerspiele. Eine neue Gaming-Grafikkarte startet dann bei 300 EUR und dann ist sie noch nicht eingebaut. Hinzu kommen gesteigerte Stromkosten von durchaus 50-200 EUR pro Jahr (je nach Rechner und täglicher Spieledauer) sowie die stressfördernde Eigenschaft, dass sich der Tagesablauf dann nach verabredeten/anfragenden Teamspiel-Terminen richtet und nicht mehr nach Hausaufgaben oder jenen uncoolen Tugenden namens Muse und Langeweile, die für das Gehirn und die Charakterbildung sehr wichtig sind.
Noch nicht eingerechnet sind oftmals 1-4 Stunden am Tag durch Spielen teilverschwendete Zeit, die man besser in die Lektüre über das Führen eines freien, selbstbestimmten, konsumdefensiven Lebens investieren könnte, was einen zu langfrist zu einem glücklicheren, in sich selbst ruhendem Menschen macht.
Spaß muss sein! Ja, absolut! In vielen Fällen ufert Gaming leider aus; es leidet die berufliche Bildung und die persönliche Weiterentwicklung/Vorbereitung auf einer immer schneller werdende Welt. Die 1500€ für einen Gaming-PC sowie ein Großteil der Spielezeit pro Woche könnten z.B. für einen finanziellen Start in die eigene Zukunft besser genutzt werden.
Diskussion „Zukunftsfresser / Lebensbremser„
Liebe Jugendliche; aus eigener Erfahrung: das schlimmste, was man als junger Mensch machen kann ist, im Alter von 15-35 Geld und Zeit zu verschwenden, insbesondere Zeit, die man für finanzielle Bildung verwenden könnte, z.B. mit Büchern oder Onlinekursen über
- die Funktionsweise unseres Geldsystems
- die hamsterrad-fördernde (=freiheitsbeschneidende) Wirkung von Konsum, „Lifestyle“, Schulden und zu vielen Ausgaben
- das Finden und Fördern eigener Hobbies und Vorlieben, um diese zur Berufung = Beruf zu machen, anstatt nur zu einem 8-Stunden-Job; warum nicht einen webmoneratisierten Coil-Blog / Cinnamon-Channel betreiben anstatt nur Zeit zu verdaddeln?
- eine sparsame und glückliche Lebensweise
- inbesondere aktuell das Beschäftigen mit dem Finanzbereich der Zukunft (Kryptowährungen; Bitcoin meine ich damit gar nicht mal); 1000 EUR nach abendelangen Recherchen in diverse Kryptos anzulegen ist ggf. der bessere Finanzstart fürs Leben anstatt eine Investition in mentale Zerstreuung/Ablenkung.
All dies bringt für Euer Leben und alle späteren Entscheidungen deutlich mehr finanzielles und privates Selbstbewusstsein, mehr Flexibilität sowie Unabhängigkeit in der Lebensführung im Sinne von „wer keine Schulden hat / wer nicht händeringend auf einen widerwillig ausgefüghrten 40-Stunden-Job angewiesen ist, kann sein Leben bzw. seine Arbeitsplatzwahl freier gestalten“.
Ja aber Sie sind doch Dienstleister und Verkäufer …. Sie müssen uns doch ohne private Ratschläge verkaufen, was wir wollen …
Moment … raschel …. such …. raschel …, nein, steht nirgends in den AGB. 🙂
Nein, Spaß beiseite: Wir haben uns wirtschaftsethischen Grundsätzen verschrieben; wir sehen uns als gesellschaftskritische, aufmerksame Informatiker. Menschen verändern Technik. Aber Technik verändert Menschen.
Im Studium war Technikfolgeabschätzung ein wesentlicher Bestandteil. Dem tragen wir täglich Rechnung; auch durch die gesellschaftlichen Nebenbetrachtungen in diesem Blog.
Wenn wir Ihnen als Eltern hiermit eine Einstiegsmöglichkeit für eine Grundsatzdiskussion mit Ihrem Kind /Jugendlichen über die Sinnhaftigkeit eines Gaming-Computers liefern konnten, so freut uns das!
Mit vielen dankbaren Eltern haben wir diese Diskussion bereits geführt; daher entstand dieser Artikel; denn Jugendliche glauben externen Argumenten eine Informatikers mehr als den Argumenten eigener Eltern; ich war als Kind da nicht anders, bin aber bis heute dankbar, dass meine Eltern sich einem C64 widersetzt und mich – als ich 14 war – zu einem Schneider CPC (deutlich besserer Programmiermöglichkeiten, CP/M als MS-DOS-Vorläufer, IBM-Business-Basic naher Basic-Dialekt) zwangsüberredeten, der mich zu einem Informatik-Studenten und schließlich zu dem selbständigen IT-DIenstleister gemacht, der ich heute bin 🙂
Und nun? Welche Entscheidungsoptionen gibt es jetzt?
- Wenn Sie sich als Eltern gegen den Kauf eines Gaming-Rechners entscheiden, so steht Ihnen diese Entscheidung frei. Treffen Sie diese Entscheidung aber nicht diktatorisch über den Kopf Ihres Kindes/Jugendlichen, sondern argumentativ mit ihm zusammen. Oder suchen Sie gemeinsam einen Zwischenweg.
- Wenn Sie sich als Eltern aus unserem Kundenkreis nach längerer sachlicher und ruhiger Debatte dennoch für den Kauf einen Gaming-Rechner entscheiden, dann kontaktieren Sie uns. Knüpfen Sie Anschaffung des Geräts an klare Bedingungen (Abwarten bestimmter Zeugnisnoten; maximale Nutzungsdauer unter der Woche / am Wochenende, Mithilfe im Haushalt / Garten, Annahme von Nebenjobs zur Mitfinanzierung VOR der Anschaffung) … gerne auch mit einem freundschaftlichen schriftlichen Mini-Vertrag zwischen Eltern und Kindern.
- Wenn Sie sich als Eltern gegen eine unbequeme, pro- und contra-abwägende sachliche Debatte mit Ihrem jugendlichen Kind sträuben und den Weg des geringsten Widerstands gehen, indem Sie diskussionslos einen Gaming-Rechner bestellen, dann respektieren wir diese Entscheidung und bemitleiden den Erziehungsstil 🙂
Wir möchten Sie jedoch vorwarnen: Der Hausfrieden wird mit dem Motto „Kauf ich ihm/ihr halt den Gaming-Rechner, damit Ruhe ist“ nur für wenige Tage/Wochen gerettet.
Einige Links zum Thema:
Bildschirmzeiten regeln:
https://www.schau-hin.info/grundlagen/medienzeiten-feste-bildschirmzeiten-fuer-kinder-vereinbaren
Computerspielesucht:
https://dr-armin-kaser.com/computerspiel-sucht/folgen/
https://www.schau-hin.info/service/mediathek/digitaler-elternabend-computerspielsucht
